Nataliia, aus der Ukraine, Psychologin

 

Steckbrief/Kurzporträt


Vorname: Nataliia
Herkunftsland: Ukraine
Seit wann in Deutschland? April 2022
Beruf: Psychologin
Zitat: „Tu, was du kannst, mit dem, was du hast, dort, wo du bist.“


 
Herkunft & Fluchtgeschichte


Wie würdest du deine Heimat beschreiben?


Cherson ist eine gemütliche, malerische Stadt am Ufer des Dnjepr. Es ist die Stadt, in der mein Leben begann, in der ich aufwuchs und meine persönliche Entwicklung begann.

 

Möchtest du etwas über deine Flucht und Ankunft hier erzählen?


Nachdem ich zwei Wochen in einem Keller verbracht hatte, meine Klaustrophobie bis zur Panik stieg, und ich dort meinen 35. Geburtstag erlebte, befanden sich meine Familie und ich in einer sehr schwierigen Situation: Die Straßen, um Cherson zu verlassen, waren von Feinden blockiert.
Und wissen Sie was? Es war einfacher, als all die Nachrichten in den Telegram-Kanälen zu lesen, in denen Menschen berichteten, wie sie auf eigenes Risiko die Stadt verließen und an bewaffneten Kontrollpunkten des russischen Militärs vorbei mussten. Immer wieder hörten wir von Autos, die unter Beschuss geraten waren. Angst war unser ständiger Begleiter.


Doch irgendwann mussten wir eine Entscheidung treffen: Gehen oder bleiben? Theoretisch bestand eine Chance zu entkommen. Praktisch aber bedeutete es, das Leben der ganzen Familie aufs Spiel zu setzen. Keine Entscheidung zu treffen, wäre ebenfalls eine Entscheidung gewesen – und wenn man sich entscheidet, gibt es keine Garantie für Erfolg.
Wir, eine fünfköpfige Familie plus ein Bekannter, stiegen schließlich in ein überfülltes Auto. Jeder durfte nur eine Tasche mitnehmen. Meine Tasche füllte ich mit Arbeitsmaterialien, psychologischen Spielen und Unterlagen aus meiner Praxis. Für Kleidung war kaum Platz, aber ich wusste: So konnte ich zumindest weiterarbeiten. Wo? Ich wusste es nicht. Wie? Keine Ahnung. Doch mir war klar: Es gibt viele wichtige Dinge im Leben, aber nur wenige wirkliche Prioritäten.
Und wenn alles auseinanderfällt – dann rette die Priorität.


Gab es etwas, das dir am Anfang besonders schwerfiel oder geholfen hat?


Die erste Phase der Zwangsmigration bedeutet immer einen schweren Rückschlag. Man erlebt eine Krise der Identität, Verwirrung und Trauer über den Verlust von Heimat, Sprache und vertrauter Umgebung. All das habe ich durchlebt.


Was mir geholfen hat, war die Begegnung mit Menschen hier. Ich habe viele nette, einfühlsame und hilfsbereite Menschen kennengelernt. Sie haben mir Kraft gegeben, meine Energie wiederzufinden.

 

Ich liebe den Satz: „Gott hat keine anderen Hände als deine.“ – und ich bemühe mich, dass durch mich Licht in die Welt kommt. In Deutschland durfte ich spüren, wie Licht und Liebe durch die Hände anderer Menschen auch zu mir zurückkamen. Ein Mensch braucht den anderen – gerade in dunklen Zeiten.
  
 
Heute & Alltag


Was machst du heute beruflich oder ehrenamtlich?


Während ich auf die Anerkennung meines Abschlusses „Master of Psychology“ durch das Zentrale Bildungsamt wartete, gründete ich das Coaching-Zentrum Balance und bot dort Coaching-Dienstleistungen an.
Inzwischen ist mein Abschluss in Deutschland anerkannt, und ich darf offiziell in meinem Fachgebiet arbeiten. Psychologie ist nicht nur mein Beruf, sondern meine Leidenschaft, meine Liebe und mein Hobby. Sie hat mein eigenes Leben positiv verändert – und nun helfe ich anderen Menschen, die Veränderungen zu erreichen, die sie sich wünschen.


Was bedeutet dein Engagement/deine Arbeit für dich?


Meine Arbeit bedeutet für mich Sinn, Verantwortung und Erfüllung. Sie gibt mir die Möglichkeit, Menschen auf ihrem Weg zu begleiten und ihnen dabei zu helfen, neue Kraft und Perspektiven zu finden.


Wie würdest du dein Leben in Eckernförde beschreiben?


Eckernförde ist für mich zu einer zweiten Heimat geworden – ein Ort des Friedens, der Geborgenheit und der inneren Stärke. Ich bin sehr dankbar für die Menschen, die ich hier getroffen habe und die mir geholfen haben, wieder zu mir selbst zu finden.

 

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