08/06/2025 0 Kommentare
Wind, der über Mauern weht
Wind, der über Mauern weht
# k.eck 119

Wind, der über Mauern weht
Wind, der über Mauern weht
Neulich erlebte ich ein Gespräch, das ganz anders hätte ausgehen können. Es begann konfrontativ. Es war deutlich: Da war jemand voller Wut, Enttäuschung, vielleicht auch Angst. Die Worte waren scharf, der Ton hart. Ich merkte, wie sich in mir ebenfalls etwas verhärtete. „Wie ungerecht!“ dachte ich und war bereit, zum verbalen Gegenschlag anzusetzen. Ich hätte in die gleiche Richtung feuern, auf meiner Sicht beharren können. Es wäre vielleicht die naheliegendste Reaktion gewesen, wer austeilt, muss auch einstecken, oder?
Ich weiß nicht genau, warum ich es nicht getan habe. Vielleicht wehte an dem Tag der Wind aus der richtigen Richtung, denn etwas in mir brachte mich dazu, erst einmal durchzuatmen. Statt auszuteilen, blieb ich auf beinahe wundersame Weise ruhig. Freundlich. Verständnisvoll. Nicht nach dem Motto: „Du hast recht“, sondern: „Ich sehe dich. Ich sehe, dass da etwas wehtut.“ Und ich habe auch meine Perspektive klar benannt. Deutlich, aber ohne Angriff. Es war, als hätte jemand die Luft rausgelassen. Die Spannung wich. Am Ende haben wir normal miteinander gesprochen. Versöhnlich sogar. Die nächste Begegnung war regelrecht herzlich.
Ich wünschte, das würde mir immer so gelingen. Denn Freundlichkeit hat eine unglaubliche Kraft. Sie ist nicht schwach. Sie ist stark. Entwaffnend. Weil sie nicht zurückschießt, sondern neue Wege eröffnet. Weil sie nicht verletzt, sondern heilt.
Pfingsten ist das Fest des Heiligen Geistes. Damals kamen Menschen aus verschiedensten Kulturen zusammen und verstanden sich plötzlich. Nicht, weil sie dieselbe Meinung hatten, sondern weil Gottes Geist sie verbunden hat. Er hat sie befähigt, über Mauern hinweg zu sprechen. Mit dem Herzen.
Im Kleinen beginnt es. An der Supermarktkasse. Im Streitgespräch. Am Gartenzaun. Freundlichkeit kann die Welt verändern. Wenn dieser Geist weht, dann wird die Welt wärmer, menschlicher, heiler. Schritt für Schritt, Wort für Wort.
Vielleicht ist das der eigentliche Geist von Pfingsten.
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