Was für eine anstrengende Woche. Es ist Urlaubszeit. Die Stadt quillt über vor Menschen, Eckernförde ist eben auch sehr schön. Würde ich nicht hier wohnen, ich würde an meinen freien Tagen auch gerne herkommen. Nur habe ich nicht frei. Im Gegenteil, es gilt am Nachmittag noch Stunden von lieben Kolleginnen abzudecken, die sich hoffentlich richtig gut erholen und das Leben genießen. Bald bin ich ja auch dran. Aber noch halt nicht und so düse ich nachmittags von der Arbeit noch durch den Supermarkt um Einkäufe zu erledigen, im Hinterkopf noch einiges was abgearbeitet werden will.

Dann alles ins Auto laden und weiter geht’s im Ablaufplan.

Da passiert es:

Ein anderer PKW rollt aus einer Auffahrt auf meine Spur und bleibt mitten darauf stehen weil auf der Gegenfahrbahn, auf die er will, noch Autos kommen.

Ist das frech! Ich habe Vorfahrt! Der kann sich doch nicht einfach auf meine Fahrbahn stellen!

Ich bremse und lasse mich auf ihn zurollen, fixiere den Fahrer durch meine große Sonnenbrille hindurch.

Er mich auch. Wir kommen uns immer näher, bis auch ich fast stehe.

Er schaut mich direkt an. Durch meine Sonnenbrille hindurch, erkennt er genau meinen Missmut über sein Verhalten. Ich erwarte, dass er entweder eine entschuldigende Geste macht, oder eben (wie so oft im Straßenverkehr) auch sauer und genervt agiert. Tut er aber nicht. Er reagiert auf meine Schmallippigkeit mit einem bemitleidenden Schmollmund, gefolgt von einem breiten Grinsen und leichtem Schulterzucken. Ein wenig erinnert er mich an den Mann aus diesem Nescafé-Werbespott, erinnern sie sich noch daran?  Sie klingelt total genervt an seiner Tür, weil "sein" Auto im Weg steht, er soll es wegfahren. Er bittet sie herein, stellt ihr ganz charmant einen Cappuccino hin und bemerkt beiläufig "Ich habe gar keine Auto." Das kann dieser Mann nun freilich nicht behaupten, aber seine entwaffnende Art funktioniert.

Er steckt mich an. Mir entfährt ein glucksendes Lachen und ich muss einfach zurück grinsen. Wir warten gemeinsam bis seine Spur frei ist, und er sich einfädeln kann. Zum Abschied schickt er mir einen Luft Kuss zu mir herüber, den ich umgehend erwidere und mit meinem breiten Grinsen weiterfahre.

Es fühlt sich an wie ein Geschenk, hinter dem der Alltag zurücktritt. Unerwartete Reaktionen können eine Ausfahrt sein aus unserem Stresstunnel, wenn wir sie annehmen.

Und bei so einem frechen, südländischen Temperament auf unseren Straßen, da komme ich direkt in Urlaubsstimmung!

Katrin Heise

Hier, für alle die ihn nochmal sehen möchten: der Nescafé-Werbespott. Anklicken und inspirieren lassen ;-)

https://youtu.be/pWMUGH5y-l4?si=Zf7kSNzvBtPqH7Jw