03/11/2024 0 Kommentare
Ein Symbol für den Zusammenhalt
Ein Symbol für den Zusammenhalt
# K.eck 90

Ein Symbol für den Zusammenhalt
Am einst kirchenspaltenden Reformationstag feiern Katholiken und Protestanten, Dänen und Deutsche sowie Borbyer und Eckernförder gemeinsam auf dem Platz zwischen der Holzbrücke und dem Rundsilo.
Der Reformationstag am 31. Oktober ist seit 2018 ein gesetzlicher Feiertag in Schleswig-Holstein; für manche ist das immer noch ungewohnt. Was machen die Eckernförder an diesem freien Tag? Ausschlafen ist schon einmal ein guter Anfang. Abends kommen mehrere hundert Menschen mit ihren Laternen zur Aktion „Die Brücke leuchtet und klingt“ an die Holzbrücke, die Borby und Eckernförde verbindet. Schon seit 2018 ist diese Veranstaltung der sechs Eckernförder Kirchengemeinden ein Symbol des Zusammenhalts. An diesem einst kirchenspaltenden Tag feiern Katholiken und Protestanten, Dänen und Deutsche, Borbyer und Eckernförder gemeinsam auf dem Platz zwischen der Holzbrücke und dem Rundsilo.
Der Tag ist geprägt vom Nieselregen, den der Wetterbericht nicht angekündigt hat. Die wetterfesten Eckernförder kommen trotzdem. „Ihr seid tapfer“, sagt Jörg Thomas von der Evangelischen Freikirche und setzt hinzu: „Das Element, das uns heute verbindet, ist das Licht.“ Die Standup-Paddler haben wegen der Windverhältnisse abgesagt. Die Tauchjunkies sind aber dabei und leuchten im Wasser. Ein stimmungsvolles Panorama bietet sich hier, mit dem Blick auf die Fischerboote im Hafen. „Halt haben – Halt geben“ wollen die Eckernförder Veranstalter. Denn haltlos fühlten sich viele Menschen. Auf die Corona-Pandemie folgte der Kriegsausbruch in der Ukraine, folgten die steigenden Energiekosten; das Klima in der Welt und in der Gesellschaft wandele sich. Glaube als Anker im Leben
„Ich freue mich, heute zum ersten Mal mit euch den Reformationstag zu feiern“, sagt Lasse Hultberg, Pastor der Dänischen Kirche in Eckernförde seit September. Er sagt das deutschdänische Lied auf Dänisch an und betet später auch auf Dänisch.
Pastor Michael Jordan fragt Ina Brodersen, die Co-Vorsitzende des Wirtschaftskreises Eckernförde, was ihr Halt gibt im Leben. „Meine tiefe innere Stimme – meine Intuition – ist verbunden mit meiner Seele. So bin ich verbunden mit dem Großen.“ Weitere Anker sind für sie die eigene Verletzlichkeit, die Menschen in ihrem Umfeld – und der Glaube. „Wie jeder von uns trage ich einen göttlichen Funken in mir. Was auch passiert, ich bin nicht allein. Da ist etwas, das größer ist als ich. Das gibt mir Halt.“
Sängerin Sabine Henopp leitet die Menschen zum Mitsingen an, Christopher Tropp begleitet auf dem Piano. Auch die Posaunenbläser mit ihrem Leiter Matthias Grunert trotzen mit ihren blitzenden Instrumenten dem Nieselregen und bringen den Platz vor der Holzbrücke zum Klingen. „Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls“, singen die Besucher des ökumenischen Events, „du bist ein Gedanke Gottes, ein genialer noch dazu. Du bist du, das ist der Clou.“
Ziemlich abrupt fragt die Predigerin Carola Lhoest von der Gemeinschaft in der Evangelischen Kirche: „Darf ich Sie unterbrechen?“ Nein, sie fühlt sich nicht gestört vom einen oder anderen Schnack unter den Besuchern. „Halt bedeutet Stopp, bedeutet eine Unterbrechung in dieser krisenhaften Zeit.“ Und sie hat in der Bedeutung des Wortes Krise einen Trost parat für die Eckernförder: „Krise ist der tiefste Punkt, der Wendepunkt. Ab jetzt geht es bergauf.“ „Bringt euer Licht zum Leuchten!“, ruft Jörg Thomas. Die Menschen strömen mit ihren Laternen, Lampen, Lampions und Windlichtern auf die Holzbrücke und singen „We shall overcome“. Mit dem Segen auf Deutsch und auf Dänisch machen sie sich auf den Heimweg.
[Dieser Text erschien am 2. November 2024 in der Eckernförder Zeitung.]
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